Ether – die Leere des Raumes

Wie alle indischen Wissenschaften hat auch die Ayurvedische Medizin ihre Grundlagen in einer Philosophie, welche die Natur und deren Eigenschaften in den Mittelpunkt stellt. Makrokosmos und Mikrokosmos gelten dabei als identisch. Die Ayurvedische Medizin befasst sich daher sowohl mit den Theorien über die Entstehung des Weltalls, als auch mit den kleinsten Teilen des Aufbaus der Materie, den Atomen.

Laut Ayurveda ist alles, was in dieser Welt existiert, also auch der menschliche Körper, eine Kombination der fünf großen Elemente (Mahabhutani), nämlich Wasser, Feuer, Erde, Luft und Ether. Die ersten vier sind uns aus unserem täglichen Leben bekannt und vertraut. Aber was ist mit Ether gemeint?

Ether, im ayurvedischen Verständnis, kann man wohl am besten mit „Die Leere des Raumes“ interpretieren. Leeren Raum findet man im Makrokosmos zwischen den Galaxien, Sternen und Planeten. Im Mikrokosmos ist es der Raum zwischen dem Atomkern und den Elektronen. Volumenmäßig ist dieser atomare leere Raum sogar der Hauptbestandteil der Materie. Könnte man zum Beispiel die Erdkugel so stark zusammenpressen, dass der ganze leere Raum aller Atome herausgedrückt wird, wäre die verbleibende Materiekugel nur so groß, wie in etwa der Inhalt des Schliersees in Oberbayern.

Die ersten grundlegenden Gedanken vom Aufbau der Materie wurden im westlichen Kulturkreis im 5. Jahrhundert v.Chr. von dem griechischen Philosophen Demokrit und seinem Lehrer Leukipp formuliert. Ich könnte mir vorstellen, dass das entscheidende Gespräch zwischen den beiden Forschern anlässlich eines gemeinsamen Picknicks unter einem Olivenbaum mit Schafskäse, Pita-Brot und Retsina stattfand. Als vom Schafskäse nur noch ein Rest für Demokrit übrigblieb, hat er aus Respekt vor seinem Lehrer das Stück nochmals mit dem Messer geteilt, um auch Leukipp noch etwas zukommen zu lassen. Dieser hat das „Spiel“ erkannt und seinerseits den ohnehin schon sehr kleinen Rest weiter geteilt. Das Spiel war natürlich schnell beendet, als das Messer nicht mehr in der Lage war, weitere Teilungen vorzunehmen. Beide Philosophen dachten gleichzeitig: „Was würde geschehen, wenn unser Messer unendlich scharf wäre? Würden wir unendlich lange weitere Teilungen vornehmen können, oder würden wir irgendwann an eine materiell bedingte Grenze stoßen?“ Sie dachten weiter nach und kamen zu dem Schluss, dass es so eine Grenze geben muss. Sie nannten das letzte Teilchen „Atomos“, übersetzt „das Unteilbare“. So wurde zum ersten Mal der Begriff Atom definiert. Von Demokrit ist folgender Spruch historisch überliefert: “Nur scheinbar hat ein Ding eine Farbe, nur scheinbar ist es süß oder bitter, in Wirklichkeit gibt es nur Atome im leeren Raum.“

03/2021 CLM.

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